30.05.2009

Berlin Calling

Titel: Berlin Calling
Jahr:
2008
Genre:
Drama
Regisseur:
Hannes Stöhr
Schauspieler:
Paul Kalkbrenner, Corinna Harfouch
Ofdb.de: Link
Bewertung:
7/10

Einleitung

Der Berliner DJ Paul Kalkbrenner ist in der Technoszene bereits ein großer Name. Er spielte auf allen wichtigen Events und legt regelmäßig in bekannten Clubs auf. Berlin Calling erscheint wie eine Dokumentation und könnte als Biopic für vielen DJ´s stehen. Jedoch ist es ein fiktiver Film mit dem echten DJ Kalkbrenner als Hauptdarsteller.

Inhalt
Martin Karow alias „DJ Ickarus“ (Paul Kalkbrenner) legt allabendlich in diversen Berliner Clubs auf (u.a. Maria, Bar25), begleitet von seiner Freundin Mathilde. Wie so viele in dieser Szene konsumiert auch er Drogen wie LSD und Kokain. Als er eine Tablette mit starkem Nervengift erwischt, bleibt er auf seinem Trip hängen und wird in eine Nervenklinik eingewiesen. Jedoch erkennt er den Ernst der Lage nicht und bricht abends öfters aus, um weiterhin in der Szene zu verkehren. Das er dabei weiterhin Drogen zu sich nimmt und eigentlich ein neues Album fertig stellen sollte, sind nur ein paar seiner vielen Probleme, die sich immer mehr anhäufen…

Filmkritik
Berlin Calling ist das beste Beispiel dafür, was Musik für einen Einfluss auf einen Film haben kann. Wenn das Publikum im Film zu den Bässen Ickarus tanzen, wird der Zuschauer auch selber mitgerissen, in eine ganz eigene Szene, die viele so noch nicht kennen. Sobald die Musik ertönt, verändert sich alles. Die Probleme werden von den Beats übertönt und es scheint, als ob Ickarus mit sich im Reinen ist. Erst die harte Realität ohne Musik zeigt auf, dass längst nicht alles positiv um ihn steht.

Der Film brilliert mit einer unglaublichen Authentizität, die das Leben in der Technoszene perfekt einfängt. Selten zuvor hatte man einen so tiefen Einblick in diese Lebensweise, die von Party, Spaß und Drogen dominiert wird. Großen Anteil daran hat der Hauptdarsteller Paul Kalkbrenner. Sein Schauspieldebüt konnte nicht besser werden, auch wenn er im Grunde nur sich selbst spielt. Viele Momente sind tragisch und komisch zugleich. So erinnert eine Szene stark an „Einer flog über Kuckucksnest“ und auch hier weiß man nicht, ob man den Kopf schütteln soll oder lachen darf.

Der Regisseur Hannes Stöhr fängt jederzeit dem Stil entsprechend schnelle, rhythmische Bilder ein, die hypnotisch wirkenden Discoaufnahmen wurden z. B. durch Handkameras auf echten Partys gefilmt. Der Soundtrack, der aus Kalkbrenners Feder stammt dürfte ein echtes Highlight in dieser Musikrichtung sein und überzeugt selbst Leute, die diese Musik eher weniger hören.

Leider hält der Film das hohe und rasante Niveau nicht durch und so geht ihm im letzten Drittel die Puste aus. In der letzten halben Stunde kommt nichts Neues mehr und alles wird zäh in die Länge gezogen. Auch mehr Mut hätte dem Ende gut getan, fern ab des „Happy Ends“, denn auch im echten Leben endet so ein Lebensstil allzu oft tragisch. Schade, denn mit etwas mehr Straffung oder einem unkonventionelleren Ende wäre dieser Film ein echter Höhepunkt geworden, so bleibt „nur“ ein guter Film, bei dem hauptsächlich die Eindrücke auf den Partys und die begleitende Musik haften bleiben.

Fazit
Berlin Calling entführt in eine ganz eigene Lebensphilosophie und spiegelt hierbei authentisch die Faszination, aber auch die lauernden Gefahren der Techno-Szene wieder. Ein erfrischender Film mit vielen guten Ideen und einem überzeugendem Hauptdarsteller, der jedoch gegen Ende sehr abflacht und etwas langatmig wird. Zu empfehlen ist auf jeden Fall der Soundtrack, der auch im Film voll und ganz überzeugt.
7/10

19.05.2009

City of God

Titel: City of God
Jahr:
2002
Genre:
Drama
Regisseur:
Fernando Meirelles
Schauspieler:
fast nur Laiendarsteller
Ofdb.de:
Link
Bewertung:
10/10

Einleitung:

Ein Film mit 350 Laiendarsteller aus den Armenvierteln von Rio de Janeiro, gedreht von einem unbekannten brasilianischen Regisseur, der noch keinen Film gedreht hat. Kann das was werden? Ja, eine unglaubliche Kameraführung, eine einzigartige Erzählstruktur und eine bedrückende Authentizität, gewürzt mit viel Gewalt und Realismus macht „City of God“ zu einem beeindruckenden Film, mit dem man mitfiebert und mitfühlt. Erst vor kurzem stand ein Film mit ähnlicher Thematik im Fokus. Doch das hohe Medieninteresse und der Oscarregen hätte statt „Slumdog Millionär“ (der auch gut ist) besser „City of God“ 6 Jahre früher zuteil werden sollen.

Inhalt:
Buscapé lebt in der „Stadt Gottes“, einem Vorort Rio de Janeiros, in dem Gewalt allgegenwärtig ist. Ein Überfall seines großen Bruders endet im Chaos, da „Löckchen“, ein achtjähriger Junge, seine Waffe nimmt und ziellos Leute umbringt. Löckchen findet Gefallen am Töten und steigt in den folgenden Jahren immer mehr zum Boss des Armenviertels auf. Mit 18 beschließt Löckchen, der sich fortan „Locke“ nennt, mit seinem guten Freund Bené, Drogendealer zu werden und sich als erstes seinen Konkurrenten zu entledigen. In dem Viertel herrscht so etwas wie Frieden, da es nur zwei große Dealerbanden gibt und die zweite rund um „Karotte“ von Bené geschützt wird. Doch der skrupellose „Locke“ duldet keine Wettbewerber und so ist es nur eine Frage der Zeit bis die zwei Banden zu Feinden werden und ein Bandenkrieg entbrennt...

Filmkritik:
Die zentrale Figur des Films ist Buscapé, der doch nie so recht in diese Welt passt. Er ist vernünftig, hat den Traum Fotograf zu werden, geht Gewalt aus dem Weg und trotzdem wird er immer wieder mit Gewalt konfrontiert. Er lebt schließlich inmitten eines Viertels, in dem nicht Gott, sondern die Waffe regiert. Das erkennt die zweite Hauptfigur sehr früh. Nur durch seine Skrupellosigkeit und Bereitschaft, Gewalt auszuüben, wird Locke zu dem selbsternannten Boss in der Stadt Gottes. Für Locke zählt nur Macht, denn bei Frauen hat er wenig Chancen und Freunde hat er nur einen, Bené, der so etwas wie der Gegenpol zu Locke darstellt und versucht, ihm Vernunft einzureden.

Der Zuschauer findet sofort Sympathien zu Buscapé und Bené, doch komischerweise lässt einen das unvermeindliche Schicksal Locke´s auch nicht kalt. Eine Stärke des Films sind die gut gezeichneten Charaktere, die fast allesamt von Laien dargestellt werden, doch genau aus diesem Grund wirken diese so authentisch und jedes Schicksal bewegt den Zuschauer. Mit manchen entwickelt man Sympathien und mit manchen wird man nie warm, doch immer herrscht eine gewisse Einsicht für die „Bösen“, da man die Zustände, die dort herrschen nie ganz verstehen kann und man nicht weiß, wie man selber handeln würde wenn man in solch einem Strudel aus Gewalt aufwachsen würde.

Die Stadt Gottes ist kein typisches Slum, wie man es aus Reportagen kennt, mit alten Wellblechhütten und Chaos. Es steht ein Haus neben dem anderen, die Sonne brennt vom Himmel und es scheint fast so, als ob doch eine gewisse Ordnung herrscht. Doch es brodelt nicht an der Oberfläche sondern inmitten des Viertels. Es ist eine eigene Welt, in der man sich vor der Außenwelt am Besten abschottet. So ist es auch zu Verstehen, wieso kein Bewohner einen anderen an die Polizei verrät. Die Bewohner wollen Ruhe und ihre Probleme selbst lösen. Das ein System ohne wirkliche Exekutive irgendwann im Chaos endet ist nur eine Frage der Zeit, denn eine Gesellschaft kann nicht auf dem Gesetz des Stärkeren (hier des gewaltbereiteren) aufbauen.

Besonders gelungen ist die Erzählstruktur des Films. So beginnt der Film mit dem eigentlichen Ende und es gibt einige Rückblenden und „eingeschobene“ Episoden die zum Verständnis des Ganzen beitragen und die Fäden zusammenführt. Außerdem erstreckt sich die Geschichte über mehrere Jahrzehnte und wird aus Sicht von Buscapé erzählt. Dies und der Grund, dass ein zentrales Thema der Zusammenhalt unter organisierten Gangs ist, führt oft zu Vergleichen mit dem genialen Mafiafilm „Good Fellas“ von Martin Scorsese. Jedoch sind beide Filme aus unterschiedlichen Gründen zu empfehlen und keiner müsste einen Vergleich fürchten.

Fazit:
Eine ungeschönte Sicht auf die Missstände in den Armenvierteln, wo Gewalt und Drogen regieren. City of God nimmt einen mit in eine andere Welt, in der sich der Zuschauer nie wohl fühlen würde und in der er handlungsunfähig wäre. Die Laiendarsteller und eine gekonnt-brutale Bildersprache erzeugen eine ungeheure Authentizität, die wiederum wesentlich zur Spannung des Films beiträgt.
10/10

03.05.2009

Bad Taste

Titel: Bad Taste
Jahr:
1987
Genre:
Horror, Komödie
Regie:
Peter Jackson
Schauspieler:
Peter Jackson, Terry Potter
Ofdb.de:
Link
Bewertung:
8/10

Einleitung
:
Peter Jackson kennen die meisten als Regisseur von Filmen wie „Herr der Ringe“ oder „King Kong“. Doch vor diesen Blockbustern drehte er in seinem Heimatland Neuseeland Splatterfilme mit geringem Budget.

Inhalt:
Eine Gruppe Außerirdischer, die die Gestalt von Menschen annehmen, landen auf Neuseeland und töten alle Einwohner eines kleinen Ortes namens Kaihoro. Die Regierung sendet daraufhin 4 Männer, die sich „The Boys“ nennen aus einem speziell auf Alienabwehr trainierten Sonderkommandos. Diese nehmen ihre Aufgabe ernst und töten einen Alien nach dem anderen…

Filmkritik:
Bad Taste, übersetzt „schlechter Geschmack“ war der erste Film von Jackson. Dieser Titel passt wirklich, jedoch ist der Film auf eine seltsam unterhaltsame Weise sehr gelungen. Ultrakomische Charaktere, die genau wie die Aneinanderreihung von möglichst explizit dargestellten Tötungsszenen an die Horror-Produktionen aus den 70ern und 80ern erinnern. Bad Taste ist eine Persiflage an die billig gedrehten Splatterfilme aus den Jahren zuvor, jedoch auch eine Verbeugung vor genau diesen Filmen.

Die Dialoge sind einfach nur (gewollt) dumpf, aber man muss genau deshalb lachen, da man nicht glauben kann, wie sinnfrei das alles wirkt. Dazu noch trashige Splatterszenen, die einen gewissen Ekelfaktor beinhalten. Blut spritzt, Köpfe explodieren, Gehirne treten aus den Schädeln. Das alles ist unglaublich gut gemacht für so ein Budget, auch wenn man hier nicht auf große Special-Effekts hoffen darf, alles wurde auf gute alte, konventionelle Art gemacht, mit viel Aufwand und Liebe für Details.

Außerdem punktet Bad Taste mit schönen, grotesken Einfällen, nichts für den normalen Kinogänger oder Menschen mit schwachem Magen, hier muss man wissen, auf was man sich einlässt (nicht zu Vergleichen mit den Hollywoodproduktionen von Jackson). Dieser Film ist eine Zumutung, aber eine belustigende, wenn man ihn nur nicht zu versteift anschaut.

Fazit:
Ein trashiger, bluttriefender B-Movie, der trotz geringsten Budgets überraschend gut gefilmt wurde und durch groteske, bizarre Momente und Einfälle glänzt, die jedes Herz von Genrefans höher schlagen lassen. Für ein Erstlingswerk erfrischend unkonventionell und fern ab des feinen Geschmacks…
8/10

01.05.2009

Hard Boiled

Titel: Hard Boiled
Jahr: 1992
Genre: Action
Regisseur: John Woo
Schauspieler: Chow Yun-Fat, Tony Leung Chiu Wai
Ofdb.de: Link
Bewertung: 8/10

Einleitung:
Asiatische Filme haben es auf dem europäischen und amerikanischen Markt schwer. John Woo ist jedoch das Synonym für krachendes Actionkino aus Asien, daher haben es seine Filme auch geschafft, sich zu etablieren und er wechselte nach Hollywood: Sein letzter Film, den er in Hongkong drehte war Hard Boiled. Und er bleibt seinem Motto treu, ein Meister des ultimativen Zeitlupen-Bleihagels und der bombastischen Explosionen.

Inhalt:
Eine geplante Festnahme endet in einem Kugelhagel. Der chinesische Polizist Tequila muss daraufhin ziemlich viel Kritik einstecken, da viele Zivilisten, sein Kollege und auch ein verdeckter Ermittler ums Leben kommen. Zur gleichen Zeit schleust sich der für die Polizei arbeitenden Tony in einen Waffenschieberring um den gefürchteten Johnny. Bald begegnen sich Tequila und Tony das erste mal und stellen fest, dass sie die gleichen Ziele verfolgen.

Filmkritik:
Der Film besteht aus 3 großen Showdowns, jeweils am Anfang im Teehaus, im Mittelteil in einem Lagerhaus und am Ende im Krankenhaus(!), die Zeit dazwischen wird nur sporadisch mit Handlung ausgefüllt. Hard Boiled ist schon fast eine Überdosierung an Action, Blei und Explosionen. Trotzdem kann man nicht genug kriegen von der Action, man stumpft nie ab, da sich Woo immer neue Überraschungen einfallen lässt und sich niemals so etwas wie Belanglosigkeit in die Szenen einschleicht. Außerdem bleibt einem gar keine Zeit das gerade gesehene zu verarbeiten, da sofort das nächste Kugelgewitter aufwartet.

Der Soundtrack ist typisch asiatisch und Geschmackssache, da bieten viele amerikanische Actionkracher doch bessere Lösungen. Auch bei der Darstellung von Emotionen und Gefühlen hinkt das asiatische Kino hinterher, beziehungsweise sind die kulturellen Unterschiede bei der Wahrnehmung doch zu groß. Leider ist die deutsche Synchronisation (wie bei so vielen asiatischen Produktionen) eher gewöhnungsbedürftig, so passen die Stimmen nicht zu den Schauspielern und auch die Lippenbewegungen sind alles andere als synchron.

Ein Body Count wie man ihn in keinem anderen Film findet ( 230 direkte getötete in 2 Stunden, da werden auch mal 10 Krankenhauspatienten auf einmal von Kugeln durchsiebt und Babys müssen zum Spannungsaufbau herhalten) und eine gewohnt gestylte Ästhetik sind die tragenden Säulen dieses Filmes. Neben der Brutalität versucht der Film jedoch auch, mit Gefühlen zu punkten, jedoch nicht zwischen Mann und Frau, sondern durch eine Freundschaft, die über allem steht. Das dies jedoch nicht wirklich überzeugen kann und auch die Handlung eher nebensächlich ist, stört wenig, denn der Film steht und fällt durch die ultrabrutalen Actionszenen, die in dieser Art nur Woo abliefern kann.

Fazit:
Perfekt inszeniertes Asia-Actionkino der Superlative. Leider bleibt für eine gute Handlung und gute Charakterzeichnung wenig Platz, doch bei der Intensität und der unglaublichen Konsequenz der Szenen fällt das nicht schwer ins Gewicht und Fans des Genres verzeihen das angesichts dieser Gewaltorgie sowieso ohne ein Wimpernzucken.
8/10